Gartenberatung: Mykorrhiza: Geheimnisvolles Leben im Boden

Einleitung

August 2024 Im Boden gibt es noch einiges zu entdecken – eine Erkenntnis, die wieder stärker ins Bewusstsein agrarwissenschaftlicher Forschung rückt. Wie man heute weiß, bilden Pilze die Brücke zwischen Boden und Pflanzen, ohne sie könnten viele nicht existieren. Unsere Gartenberaterin Roswitha Koch kennt die Hintergründe.

Pilz mit Myzel auf Totholz

Eine Lebensgemeinschaft aus Pilzgeflecht im Boden und den Feinwurzeln der dort wachsenden Pflanzen wird als Mykorrhiza bezeichnet. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern für Pilz (mýkˉes) und Wurzel (rhiza) zusammen. Man nennt diese innige Verbindung daher auch Pilzwurzel. Der Pilz wächst teilweise in die Pflanzenwurzel hinein und bildet mit ihr eine unmittelbare Lebensgemeinschaft. Das Zusammenleben verschiedener Arten zum gegenseitigen Nutzen wird als Symbiose bezeichnet. Beide Organismen sind miteinander befreundet, jedoch nicht verwandt.

Pilzgeflecht ist wichtig nach oben

Das aus Pilzfäden bestehende Geflecht im Boden, Myzel genannt, ist wesentlich filigraner als die feinsten Pflanzenwurzeln und somit in der Lage, viel mehr Wasser und darin gelöste Nährstoffe aus dem Bodengefüge herauszulösen und zu den Wurzeln zu leiten. Bodenpilze können ungefähr 700mal mehr Bodenvolumen erschließen. Sie sorgen so für reichlich zusätzliche Nährstoffe – besonders Phosphor, Stickstoff und Spurenelemente. Mykorrhizen machen Pflanzen zudem stresstoleranter, etwa beim Überleben von Trocken- und Frostzeiten. Manche Landwirte nutzen dies, sparen Bewässerungs- und Düngekosten, indem sie bewusst Mykorrhiza fördern. Das geschieht unter anderem durch nur flache Bodenbearbeitung und Unterlassung des Pflügens. Große Bedeutung haben Mykorrhizen bei der Rückeroberung von Wüsten der Sahelzone, wo man mit Mykorrhiza „geimpfte“ Bäumchen pflanzt. Diese gedeihen wesentlich besser. Mykorrhizen stärken ihre Pflanzenpartner, auch gegenüber Infektionen durch Bakterien oder bösartige Schadpilze. Sie wirken außerdem wie ein Filter um die Wurzeln, bieten Schutz vor Schwermetallen und radioaktiven Substanzen. Schließlich vernetzen Mykorrhizen verschiedene Bäume und Baumarten unterirdisch miteinander, was den Austausch von Wasser, Nährstoffen und sogar Nachrichten zwischen Bäumen ermöglicht.

Im Reich der Pilze nach oben

Pilze sind wesentlich mehr als das, was wir sammeln und essen. Dies sind nur die oberirdisch sichtbaren Fruchtkörper einiger weniger Ständerpilze. Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere, sie bilden eine eigenständige Gruppe von Lebewesen. Ohne Pilze wären die Stoffkreisläufe in der Natur nicht geschlossen, wir würden in organischem Abfall versinken. Weil viele Pilze von toter organischer Substanz leben, sind sie neben Bakterien in hohem Maße für das Recycling in der Natur verantwortlich. Mit ihrem unterirdischen Fadengeflecht durchziehen sie sehr große Bodenareale. Das größte und eines der ältesten Lebewesen der Welt ist übrigens ein Pilz, der Riesen-Hallimasch von Oregon, USA, der über 9 km² (= ca. 1.200 Fußballfelder!!) besiedeln soll.

Gegenseitige Begünstigung nach oben

Symbiose heißt, einander zu nutzen. Bleibt also noch die Frage nach dem Vorteil, den Pilze von dieser Koexistenz haben.

Pilze sind auf die Zufuhr von Kohlenstoff in Form von Zuckerverbindungen angewiesen. Da sie im Gegensatz zu Pflanzen kein Chlorophyll, den grünen Farbstoff der Blätter, besitzen, können sie Zucker nicht selbst herstellen. Sie erhalten ihn von ihren Pflanzen-Partnern. Bis zu 40 % des täglich hergestellten Zuckers geben beispielsweise Bäume an ihre Mykorrhizen ab. Darüber hinaus versorgen sie jene auch mit Vitaminen und weiteren lebensnotwendigen Stoffen. Mykorrhizen findet man bei fast allen Baumarten, oft sogar mehrere verschiedene. Über 80 % aller Landpflanzen leben seit jeher symbiotisch mit Mykorrhiza. Mykorrhizen stellen folglich einen unschätzbaren Wert dar, den wir erhalten müssen.

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