Ziergarten: Manche mögen‘s kalt
Einleitung
November 2022 Duftveilchen, Himmelsschlüssel, Akeleien oder Bärlauch brauchen die kühlen und feuchten Bedingungen des Winters, um zu keimen. Die beste Zeit für ihre Aussaat beginnt daher ab November. Wir sagen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
Normalerweise keimen Pflanzen erst bei wärmer werdender Witterung. Kaltkeimer – früher auch Frostkeimer genannt – bilden jedoch eine Ausnahme. Sie brauchen nach der Aussaat einen Kältereiz, als Startschuss fürs Keimen. Erst niedrige Temperaturen über einen längeren Zeitraum und regenreiche Niederschläge lösen Substanzen im Samen auf, die die Keimung hemmen, und sorgen schließlich dafür, dass die Pflanzen im Frühling bei wärmeren Temperaturen anfangen zu wachsen. Für diesen Kältereiz ist jedoch nicht unbedingt Frost nötig, Temperaturen von 0 bis 5 °C reichen meist aus. Daher hat man von dem Begriff Frostkeimer mittlerweile Abstand genommen.
Der Grund für diesen Mechanismus: Viele Kaltkeimer sind mehrjährige Stauden oder Gehölze aus Bergregionen und aus Gebieten mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die Hemmung der Keimung verhindert, dass die Pflanzen bereits im Herbst keimen und die empfindlichen Jungpflanzen dann den Winter nicht überstehen.
Wer gehört dazu? nach oben
Zu den Kaltkeimern zählen Alpenpflanzen wie Himmelsschlüssel, Adonisröschen, Duftveilchen, Edeldisteln, einige Enzian-Arten, Christrosen und Alpenveilchen, aber auch Akelei, Astilbe, Steppenkerze, Lavendel, Phlox, Witwenblume, Kuhschelle, Frauenmantel, Lungenkraut, Tränendes Herz, Guter Heinrich oder der giftige Eisenhut. Ebenso gehören Gemüse wie Meerkohl oder Kräuter wie Waldmeister, Süßdolde und Bärlauch dazu.
Wer diese Pflanzen selbst aussäen möchte, sollte also im Herbst oder Winter damit starten und nicht auf den Frühling warten.
Und so geht’s: Aussaat im Freiland nach oben
Füllen Sie eine Aussaatschale oder einen Topf mit gut durchlässiger, nährstoffarmer Aussaat- oder Kräutererde und säen Sie die Samen nach Anleitung auf dem Samentütchen darin aus. Anschließend mit etwas Erde abdecken, andrücken, gut anfeuchten und mit einem Plastikbeutel überziehen, damit nichts austrocknet. Die Saatschale mitsamt des Beutels nun unter einem Busch oder im Schatten einer Mauer im Freien aufstellen und den Winter über der Kälte aussetzen. Auch ein Frühbeetkasten oder ein ungeheiztes Gewächshaus eignen sich zur Überwinterung der Saat. Vergewissern Sie sich ab und zu, dass die Schalen nicht austrocknen. Im März oder April zeigt dann zartes Grün, dass die Kälte ihre Wirkung entfaltet hat. Nun können Sie die Folie entfernen und die gekeimten Jungpflanzen bald pikieren und in größere Töpfe umsetzen.
Den Winter vortäuschen nach oben
Die Natur lässt sich aber auch überlisten. Denn: Sie können den Winter auch im Kühlschrank simulieren. Dazu wird der Samen zunächst in der Schale oder in einem Beutel mit feuchtem Sand bei 15 bis 20 °C zwei Wochen lang vorgekeimt. Danach stellen Sie die Saatschale in einen Plastikbeutel und bewahren sie 10 bis 14 Tage lang bei 2–5 °C im Kühlschrank auf. Danach nehmen Sie die Schale heraus und stellen sie bei langsam höher werdenden Temperaturen auf (erst ein paar Tage bei 10 °C, dann bei 15 °C usw.). Nicht geeignet ist die Kühltruhe. Dort gefriert alles schockartig in sehr kurzer Zeit – zu schnell, dass die Samen sich darauf einstellen könnten. Sie erfrieren dann trotz Winterhärte.
Pflanzenportraits nach oben
Himmelsschlüssel (Primula veris)
Das bei uns heimische und unter besonderem Schutz stehende Primelgewächs trägt seine hübschen, tiefgelben kleinen Blüten hoch über dem dunkelgrünen Blatt. Sie recken sich am Ende eines stabilen, bis zu 20 cm hohen Stängels in munteren Dolden der Frühlingssonne entgegen. Die Blüten liefern bereits im zeitigen Frühling wertvollen Nektar für Bienen und Hummeln. Die pflegeleichten Pflanzen gedeihen gut im Halbschatten an Gebüschrändern oder unter Sträuchern.
Verwendung: Ideal für naturnahe Wildgärten, wichtiger Nektarlieferant für Insekten, dekorativer Frühlingsblüher, ergibt zauberhafte Sträußchen
Bärlauch (Allium ursinum)
Der bei uns auch wild wachsende Bärlauch gedeiht auf allen feuchten Böden, sehr gut auf Lehm. Die weißen Blüten sind von April bis Mai ein besonderer Schmuck. Schon ab Juni ziehen sich dann die Pflanzen in unterirdische Zwiebeln zurück.
Verwendung: Der Geschmack der Blätter ähnelt Knoblauch, doch der Geruch hält nicht lange an. Daher ist Bärlauch ein beliebtes Würzmittel. Die frischgrünen Blätter werden vor der Blüte abgeschnitten und zum Würzen von Salaten, Quark oder Käse genommen. Ideal auch für Suppen.
Kultur: Über Winter (September–Februar) breitwürfig und flach an schattigen Stellen aussäen. Sobald sie angewachsen sind, verwildern die Pflanzen über Samen von selbst.
Vorsicht: Die Blätter sehen den stark giftigen Blättern von Maiglöckchen und Herbstzeitlosen (beide sind geruchlos) sehr ähnlich. Daher besser nicht im Freien sammeln.
Duftveilchen (Viola odorata)
Das nur ca. 10 cm hohe Duftveilchen blüht als eine der ersten Frühlingsstauden. Wild kommt es bei uns auf lehmigen Wiesen und an Gehölzrändern vor. Es liebt einen halbschattigen bis schattigen, feuchten Standort, zum Beispiel unter Gehölzen.
Pflege: Veilchen brauchen keine Pflege. Allerdings können sie sich durch Samen stark verbreiten. Eine gewisse Kontrolle ist deshalb angebracht.
Verwendung: Als erste Frühlingsboten im Staudenbeet und im Naturgarten, im Blumenrasen, für Sträußchen, als Wildgemüse