Ziergarten: Wintergrün ist immer schön
Einleitung
Dezember 2018 Spätestens im November gingen sie dahin, die oberirdischen Teile unserer mehrjährigen Gartenstauden. Das ist ihre notwendige Strategie, die Kälte des Winters zu überleben. Übrig bleiben abgestorbene und verholzte Pflanzenteile. Diesen Wachstumsregeln unterliegen jedoch nicht alle Arten: Ausnahmen glänzen jetzt als Farbtupfer in unseren Gärten.
Der Grund für den Rückzug unter die Erde ist logisch: Blätter verdunsten Wasser. Sie verwelken, wenn die Wurzeln aus dem gefrorenen Boden keines nachliefern. Dann gehen Blattgrün und Zucker verloren – beides unter hohem Energieaufwand produziert. Folglich erinnern kürzere Tage und niedrigere Temperaturen die Stauden jeden Herbst daran, dass es an der Zeit ist, diese Reservestoffe in den Wurzeln einzulagern.
Während komplett einziehende Arten die Gartenbeete längst geräumt haben, zeigt sich nun die Stärke der Stauden, die ihre grünen Blätter behalten. Unterschieden werden Immergrüne, die ihre Blätter über Jahre behalten, und Wintergrüne, die ihr Laub erst im Frühling wechseln. Die Übergänge zwischen den beiden Gruppen sind fließend.
Ausnahme 1: Wald- & WaldrandPflanzen nach oben
Pflanzen, die im Halbschatten laubabwerfender Gehölze wachsen, haben ihren Lebensrhythmus etwas umgestellt: Sie bleiben über die kalte Jahreszeit einfach grün. Somit kommen sie wenigstens vom Laubfall bis zum Laubaustrieb der Waldbäume in den Genuss von etwas mehr Sonne. Viele Farne zählen dazu, zum Beispiel Rippenfarn (Blechnum spicant), Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), Hirschzunge (Asplenium scolopendrium), Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), Elfenblumen (Epimedium-Arten und -Sorten), Goldnessel und andere Taubnesseln (Lamiastrum bzw. Lamium) sowie die Lenzrose (Bild 1 Helleborus niger). Letztere treibt ihr Laub tatsächlich erst im Herbst aus und blüht über den Winter hinweg, wann immer etwas mildere Perioden herrschen. Ähnlich hält es der Geaderte Aronstab (Aron italicum): Im Herbst erscheinen pfeilspitzenförmige Blätter, die sich vor dem Sommer schon wieder zurückziehen. Dafür erheben sich im Frühling einer Calla ähnliche „Blütentüten“ über den Laub, die im Herbst dicht mit rotorangen Beeren besetzte Fruchtstände hinterlassen.
Die wintergrünen Bergenien (Bild 2 Bergenia-Hybriden) sollten in keinem Garten fehlen! Manche Sorten färben ihr Laub mit kühleren Temperaturen wunderbar rot, so wie 'Baby Doll' und 'Eroica'. Letztere bleibt selbst bei Frost standhaft, während die meisten Bergenien ihre Blätter auf den Boden legen. Nicht erschrecken: Die Pflanzen erholen sich bei steigenden Temperaturen schnell wieder. Purpurglöckchen (Heuchera-Arten und -Sorten) haben mit Bergenien das „Winterleuchten“ gemein: 'Pinot Gris', beispielsweise, kommt sommers silberlaubig mit Rosahauch daher und glühen bei tieferen Temperaturen richtig Hellrot.
Einige Gräser glänzen mit wintergrünen Halmen. So, wie die bei uns heimische Berg-Segge (Bild 3 Carex montana), außerdem die Japan-Segge (Carex morrowii). Beide bilden mit der Zeit schöne Teppiche. Der Schwarze Schlangenbart (Bild 4 Ophiopogon planiscarpus) wirkt optisch zwar wie ein Gras, ist aber eine farblich ungewöhnliche „immerschwarze“ Staude, die im Sommer rosaweiße Blütenstände und im Herbst blauschwarze Beeren ausbildet.
Ebenfalls immergrün sind Moos-Steinbrech-Arten wie das Porzellanblümchen (Bild 5 Saxifraga × urbium). Das niedrige Polsterpflänzchen eignet sich prima als Winteraufhübscher im Topf für halbschattige Balkone und Terrassen.
Ausnahme 2: offenkundige Sonnenanbeter nach oben
Was bei den Immer- bzw. Wintergrünen für sonnige Standorte auffällt: Sie haben oft feste, dicke, schmale, silbergraue oder behaarte Blätter, Eigenschaften, die vor allzu starker Sonne und Trockenheit schützen. Eine gute Qualifikation dafür, Wintersonne und Kälte zu trotzen! Mit dicken Blättern wartet Dachwurz (Sempervivum) auf, die in vielen roten Sorten angeboten wird. Weitere Sukkulenten, die ihre Farbe ganzjährig zur Schau stellen, sind Mauerpfeffer (Sedum acre), Weißblühender Rotmoos-Mauerpfeffer (Sedum album) und Sibirische Fetthenne (Sedum hybridum). Die Walzen-Wolfsmilch (Bild 6 Euphorbia myrsinithes) schlängelt sich mit ihrem niederliegenden Wuchs auf trockenen, kalkigen Böden ungerührt über Herbstlaub und Schneedecke. Ihre Verwandte, die Mittelmeer-Wolfsmilch (Euphorbia characias ssp. wulfenii) reckt ihre dicht beblätterten Stängel etwa einen Meter in die Höhe. Ihr wird eine Frosthärte bis –15 Grad zugesprochen. Unter den silbergrauen Arten für winterschöne Beete machen Woll-Ziest (Stachys byzantina), Currykraut (Helichrysum italicum), Heiligenkraut (Santolina chamaecyparissus) und Gewürz-Salbei (Salvia officinalis) gute Figuren. Außerdem hat das Sortiment an hübschen Polsterstauden einiges für die kalte Jahreszeit zu bieten: Polster-Phlox (Phlox subulata), Schleifenblume (Iberis sempervirens), Feder-Nelke (Dianthus plumarius) sowie Blaukissen (Aubrieta-Hybriden). Unter den Gräsern sind Blauschwingel (Festuca-Arten und -Sorten), Moor-Blaugras (Sesleria caerulea) und Amethyst-Schwingel (Festuca amethystina) zu nennen. Und das ist noch lange nicht das Ende der Liste. Sie sehen: Es ist wirklich für jeden Garten und jede Standortbedingung etwas dabei!
Winterschutz, Pflanzung & Pflege nach oben
Obwohl winterattraktive Arten sich gut auf diese Jahreszeit eingerichtet haben, können ihnen Extreme zu schaffen machen. Da wäre zum einen strahlender Sonnenschein bei klirrendem Frost, der vor allem den Wald- und Waldrand-Arten zu schaffen macht. Sie sind während solcher Perioden für eine Abdeckung dankbar, zum Beispiel aus Nadelreisig oder Gärtnervlies. Besonders schwierig wird es, wenn noch austrocknende Nordostwinde dazukommen. Davor sind selbst die Sonnenpflanzen nicht gefeit. In solchen Fällen schützen die genannten Abdeckungen ebenfalls. Sobald die Extremwetterlagen vorüber sind, nehmen Sie diese wieder ab, damit die Pflanzen nicht noch stärker unter dem sowieso geringen Licht der kurzen Tage leiden müssen.
Was die Pflanzung betrifft, gilt das Gleiche, wie für alle Gewächse: Nur, wer sich an seinem Standort wohlfühlt, wird auf Dauer Freude bereiten. Erkundigen Sie sich also in der Gärtnerei, welche Arten für Ihren Gartenboden und die Lichtbedingungen auf Ihrem Grundstück in Frage kommen. Halten Sie zudem die empfohlenen Pflanzabstände ein. Das Beet mag am Anfang vielleicht etwas schütter wirken, doch nach wenigen Jahren wächst alles zusammen. In der Zwischenzeit können Sie die Lücken mit einjährigen Sommerblumen füllen, wie Zinnien, Jungfer-im-Grünen, Studentenblumen, Männertreu, Ringelblumen und dergleichen.
Wintergrüne Stauden bilden im Frühling neues Laub, das alte stirbt dann ab. Das können Sie in der Regel entfernen, sobald die letzten Fröste vorüber sind. Bei Lenzrosen schneiden Sie das Laub komplett zurück, bevor die ersten Blütenstände sich bemerkbar machen – eine Vorbeugung gegen Blattkrankheiten. Wintergrüne Gräser dagegen lassen Sie lieber wie sie sind: Rückschnitt quittieren Schwingel, Seggen und weitere horstige Arten mit „Halmausfall“, im schlimmsten Fall sterben sie ab. Nur die Blütenähren sollten Sie vor der Samenreife entfernen: Manche Arten machen sich durch Selbstaussaat auf die Wanderschaft – und all die Sämlinge ausrupfen zu müssen, ist keine angenehme Gartenarbeit!