Ziergarten: Kletterstrategien
Einleitung
September 2018 Wipfelstürmer, wie Clematis, Prunkwinde und Rosen, wollen nach oben. Für den Aufstieg haben die Pflanzen unterschiedliche Taktiken entwickelt. Je nachdem, wie die funktionieren, müssen auch entsprechende Rankhilfen her.
Wie kommt es eigentlich, dass Kletterpflanzen unbedingt in die Höhe streben? Nun, anders als bei Bäumen sind ihre vom Boden ausgehenden Triebe nicht sonderlich standfest. Da sie jedoch ans Licht müssen, um überhaupt gedeihen zu können, haben sie es sich angewöhnt, beispielsweise ihre Nachbarn als Rankhilfen zu benutzen. Mit erstaunlichen Fähigkeiten!
Mittels KreiselBewegung gen Himmel nach oben
Hopfen, Winden, Schwarzäugige Susanne und viele weitere ein- oder mehrjährige Arten suchen mit Kreisbewegungen ihrer Triebspitze nach etwas Senkrechtem mit einem zu ihnen passenden Durchmesser. Diese Schnur oder den Stab umwachsen sie nun Mal um Mal und winden sich auf diese Art immer weiter in die Höhe. Manche, wie Hopfen Bild 1, drehen sich dabei stets im Uhrzeigersinn. Da die mehrjährige Staude bis zu zehn Meter hoch wird und somit ein ordentliches Gewicht aufbaut, hat sie sich noch einen Kniff ausgedacht, um nicht abzurutschen: Borstige Haare stemmen sich sozusagen als „Steigeisen“ gegen die Wuchsrichtung an die Schlinghilfe. Das gilt genauso für den einjährigen Japanischen Hopfen, der es immerhin auf drei bis sechs Meter Höhe bringt. Geißblattarten und Schlingknöterich winden sich ebenfalls im Uhrzeigersinn (Rechtswinder). Prunkwinde Bild 2 und ihre Verwandten, Schwarzäugige Susanne, Feuer- und Stangenbohnen, Kiwi-Arten und Pfeifenwinden dagegen schlingen gegen den Uhrzeigersinn (Linkswinder). Das ist von Bedeutung, wenn Sie den Trieben nach der Pflanzung den richtigen Weg zur Klettermöglichkeit „zeigen“ wollen.
Als solche eignen sich Schnüre, Drähte oder Stäbe mit bis 2 cm Durchmesser, bei Echter Kiwi sollten es vier, bei Pfeifenwinden bis 5 cm sein. Sie dürfen senkrecht oder schräg bis zu einer Neigung von 45 °C ausgerichtet sein. Flachere Winkel nehmen die Pflanzen ungern an.
RankenAusstattungen mit Pfiff nach oben
Manche Gewächse funktionieren Blätter in Halteorgane um. Beispiele für diese Blattranker sind Wicken Bild 3, Zaunrübe, Glockenrebe, Schönranke, Erbsen und Kürbisgewächse. Wein bildet gleichfalls Ranken aus, die aber als extra Seitentriebe mit Sonderaufgabe aus den Blattachseln wachsen. Alle Ranken suchen, wie die Schlinger, mit kreisenden Bewegungen nach etwas, woran sie sich festhalten können. Sobald die Fühltüpfel an ihrer äußersten Spitze etwas Entsprechendes spüren, winden sich die obersten Zentimeter der Ranke um die Strebe der Kletterhilfe herum. Ihr unterer Teil zieht sich spiralförmigig zusammen. Somit richtet die Ranke den Trieb auf, bleibt aber elastisch und kann bei Windstößen nachgeben.
Das trifft auf Blattstielranker, wie Clematis Bild 4 und Kapuzinerkresse, auch zu. Statt extra Ranken zu bilden, klemmen sie sich die Streben der Kletterhilfe „unter die Arme“, indem sie ihre Blattstiele darum wickeln. Damit Clematis nicht jeden Winter, wenn sie das Laub abwirft, auf die Erde zurückfällt, behält sie die verholzenden Blattstiele einfach.
Alle Ranker kommen am besten an Gitterkonstruktionen nach oben. Für die Blattranker sind Maschenquadrate mit je 5 cm Kantenlänge angesagt. Die Durchmesser der Streben für Kapuzinerkresse betragen bis 1 cm, für die Blattranker bis 4 mm. Die verschiedenen Wein-Arten brauchen Maschen mit Kantenlängen um die 30 cm und Strebendurchmesser von ein bis 2 cm.
Hakeln und durchstecken: Spreizklimmer nach oben
Kletter- und Ramblerrosen Bild 5 sowie Brombeeren „erfanden“ im Laufe der Evolution besondere Stachelformen. Sie dienen nicht nur der Abwehr von Fressfeinden. Mit gegen die Wuchsrichtung gebogenen Haken stützen sie sich an anderen Pflanzen oder an Baumrinde ab. Winter-Jasmin hat keine Stacheln und zählt, wie Rosen, dennoch zu den Spreizklimmern. Deren Vertreter schieben sich mit ihren Trieben durch Lücken, um oben zu bleiben. Geeignete Gittermaße bei Rosen betragen 30 bis 50 cm in Länge und Breite; bei Winter-Jasmin 25 bis 60 cm Breite auf 25 bis 50 cm Länge.
Gerüste? Brauchen wir nicht! nach oben
Einige wilde Wein-Arten kommen mittels Doppelstrategie in die Höhe: Die Dreilappige und die Fünfblättrige Jungfernrebe Bild 6 bilden an ihren Rankenspitzen kleine Haftscheiben aus. Sobald sie einen geeigneten Untergrund spüren, zum Beispiel eine Wand, heften sie sich mittels Kleber fest. Nach dem Blattfall im Winter bilden die Haftscheiben zwischen den Trieben ein Tüpfelmuster, das nicht jeder Hausbesitzer gerne sieht. Efeu Bild 7 behält sein Laub zwar und gibt daher den Blick auf seine Haftwurzeln nicht frei. Dennoch sollte auch dieser Kletterer nur mit Bedacht als Fassadengrün zum Zug kommen. Zwar profitieren Tiere von diesem ökologisch wertvollen Lebensraum, ebenso wie die Bewohner vom ausgeglicheneren Klima im Haus. Um Schäden am Putz zu vermeiden, müssen die Oberflächen allerdings intakt und tragkräftig sein. Efeu-Haftwurzeln dringen in kleinste Risse und vergrößern sie nach und nach. Außerdem ist der Kletterer so wuchsstark, dass Sie oft zur Schere greifen müssen. Etwas gesitteter gibt sich die attraktive Kletter-Hortensie, ebenfalls ein Haftwurzelklimmer. Durch einige Schnittmaßnahmen lässt sie sich willig auf die gewünschte Form ein. Sie braucht es eher schattig und feucht und bevorzugt lockere, kalkfreie Böden.
***