Ziergarten: Blickfänge

Eingerahmt: Ein Bild von einem Gartenzimmer!

Einleitung

August 2018 Wenn Könner unter den Gestaltern optische Anziehungspunkte im Garten einplanen, schaffen sie gewissermaßen eine „Gebrauchsanweisung“ für das Grundstück. Diese braucht niemand zu lesen: Man spürt sie einfach. Blickfänge ziehen an, verleiten zum Innehalten, Verweilen, Träumen und – im besten Falle – dazu, die Zeit einmal Zeit sein zu lassen.

Wohl überlegt platzierte Blickfänge lenken das Auge auf bestimmte Punkte. Oder sie bewirken das Gegenteil und lenken von etwas ab. Meist stehen sie in Verbindung mit Wegen oder Pfaden, die dazu einladen, sich den Garten durch einen Spaziergang zu erschließen. Eine Aufgabe der Blickfänge ist dabei, den „Schubs“ zum Loslaufen zu geben.

Nach alten Vorbildern: Sichtachsen nach oben

Wenn Sie sich einmal in barocken Schloss- oder englischen Landschaftsgärten umschauen, sind Ihnen sicher schon die langen Sichtachsen aufgefallen. Oft steht am anderen Ende ein Gebäude, eine Figur oder Ähnliches. Oder es lockt ein Springbrunnen auf einen zentralen Platz, auf dem viele Sichtachsen zusammenkommen. Ehe man sich's versieht, ist man schon losgelaufen, um sich diese Blickfänge einmal aus der Nähe anzuschauen. Dieses Prinzip lässt sich auf kleine Grundstücke übertragen. Im Foto oben geben Trittplatten die Laufrichtung vor. Bestimmt haben Sie aber zuerst den gotisch geformten Torbogen bemerkt. Beziehungsweise das, was er einrahmt: Er stellt die Szenerie in den Mittelpunkt: ein malerisch gewachsener Baum, unterpflanzt mit einer großlaubigen Staude, Ampeln mit roten Sommerblumen an seinen Ästen, dahinter ein Sitzplatz und ein Haus. Erst allmählich rücken die Trittplatten ins Bewusstsein und ziehen einen förmlich durch den Bogen, um zu erkunden, was auf der anderen Seite von Baum und Staude wartet. Ob das steinerne Ding hinter der großen Staude wohl ein Vogelbad ist?

Bild 1: Im Staudenbeet spielt ein solches Vogelbad eine zentralere Rolle. Es verbindet gewissermaßen niedrige und hohe Pflanzen miteinander, unterstützt die natürliche Wirkung des Beets.

Im Staudenbeet Bild 1 spielt ein solches Vogelbad eine zen­tralere Rolle. Es verbindet gewissermaßen niedrige und hohe Pflanzen miteinander, unterstützt die natürliche Wirkung des Beets. Und es wirkt buchstäblich attraktiv – auf Mensch und Vogel.

Kurzweil auf Terrasse und Balkon nach oben

Mit einer Sichtachse spielt auch die Gestaltung des kleinen Stadtgartens Bild 2. Zwei Rankgitter definieren einen vorderen Raum mit Sitzplatz und einen hinteren, etwas erhöhten Teil. Zusammen mit Bambus, Kletterhortensie und Sträuchern dient es auch der Privatsphäre: Die gegenüber der Terrasse wohnenden Nachbarn haben so kaum Einblick. Anders herum schauen die Gartenbesitzer nicht auf eine geschlossene Wand, sondern durch die Öffnung auf Lavendel als Wegbegleiter und ein weiteres Beet mit gelblaubigen Gehölzen. Eine Sichtachse schafft auch dann Weite, wenn die Distanz relativ kurz ist. Dank der durch große „Maschen“ optisch leicht anmutenden Gitter um das Grundstück fühlt man sich auch nicht eingemauert und beengt. Pflanzkübel und eine Riesenlaterne vor dem linken Rankgerüst bieten etwas zum Spazierenschauen, dem Auge also mehr Abwechslung.

Bild 2: Mit einer Sichtachse spielt auch die Gestaltung des kleinen Stadtgartens.
Bild 3: Wenige, aufeinander abgestimmte Stücke als Blickfänge erzeugen einen großen Effekt.

Steht nur ein Balkon zur Verfügung, ist es umso wichtiger, sich über optische Anziehungspunkte Gedanken zu machen: Buhlen zu viele Blickfänge um Aufmerksamkeit, entsteht eher der Eindruck eines Wirrwarrs. Schauen Sie sich den Balkon Bild 3 an. Natürliche Materialien bilden die Harmonie erzeugende Klammer: Ein Holzdeck, ein geflochtener Sessel mit auffälligem Kissen in Orange, ein alter Koffer, gesägte Ast­stücke. Dazu große Pflanzgefäße (von Lechuza) in Naturstein­optik sowie Kugel- bzw. Würfelform. Fazit: Wenige, aufeinander abgestimmte Stücke als Blickfänge erzeugen einen großen Effekt.

Überraschungen am Wegesrand nach oben

Gerade kleine Grundstücke profitieren davon, wenn nicht alle Hingucker auf einmal zu sehen sind. Hier verhält es sich ähnlich wie mit dem Zeitgefühl: Wenn viel passiert, kommt einem ein Tag länger vor als umgekehrt. Hinter Hecken, in Nischen oder auf Gebäuderückseiten bietet es sich an, beispielsweise mit Kisten und Kasten Bild 4 ein Gartenstill­leben zu arrangieren. Stellen Sie sich vor, Sie folgten einem Weg um die Ecke, wo Sie unvermittelt auf einen offensichtlich glücklichen Buddha Bild 5 stoßen. Sie müssten mindestens schmunzeln, stimmt's? Auch das können Blickfänge: zum Lachen bringen oder zum Nachdenken.

Bild 4: Hinter Hecken, in Nischen oder Gebäuderückseiten bietet es sich an, beispielsweise mit Kisten und Kasten ein Gartenstillleben zu arrangieren.
Bild 5.: Unschöne Wand? Reizlose Ecke? Ein Blickfang verwandelt und lässt das Herzen höher schlagen!

Verlockung mit Hintersinn nach oben

Bild 6: Verträumte Bänke, Sitzsteine oder Gartensessel als Anziehungspunkt für das Auge dienen selten der Gärtnerin oder dem Gärtner.

Verträumte Bänke Bild 6, Sitzsteine oder Gartensessel als ­An­ziehungspunkt für das Auge dienen selten der Gärtnerin oder dem Gärtner: Die hält es dort meist nicht lange, etwa, weil plötzlich Unkraut auffällt, das sofort gerupft gehört. Wer aller­dings mit Muße über das Grundstück schlendert, den Wegen folgt und eine Sitzgelegenheit entdeckt, der wird davon auch körperlich angezogen. Bei guten Gestaltern stehen diese nicht von ungefähr da, wo sie stehen: Von dort fällt der Blick auf etwas wie eine neue Perspektive, eine Sichtachse, eine tolle Pflanze, ein Feierabend-Beet, einen Glücksbuddha – einen reizvollen Blickfang eben.

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