Gartenberatung: Der Frühling naht − Was wollen wir säen?
Einleitung
Februar 2016 Die Frühlingszeit naht und für unzählige Hobbygärtner beginnt die schönste Jahreszeit. Pflanzen- und Saatgutkataloge werden gewälzt und für das beginnende Gartenjahr neue Sämereien eingekauft. Grund genug einmal einen Blick darauf zu werfen, was man da eigentlich kauft, woher das Saatgut kommt und was die Kürzel auf der Packung bedeuten.
In tausenden von Jahren in denen der Mensch gezielt Pflanzen züchtet, anbaut und vermehrt, sind unzählige Sorten entstanden. Eine gigantische Artenvielfalt, meist speziell an das jeweilige Klima und den Boden angepasst. Allein von der Tomate gibt es weltweit mehrere tausend verschiedene Sorten. Doch diese Vielfalt, die als Kulturgut der Menschheit betrachtet werden muss, ist in Gefahr. Nach Schätzungen sind bereits zwei drittel dieser Sorten verschwunden. Das ist die Folge eines veränderten Konsumverhaltens und damit einer veränderten Landwirtschaft, welche mehr und mehr auf auf wenige Hochleistungssorten setzt.
Wer heute Saatgut für den Freizeitgarten kauft, stößt häufig auf die Bezeichnung F1-Hybride. Dies bedeutet, dass diese Sorte durch eine gezielte Kreuzung von Inzuchtlinien mit speziellen Eigenschaften hergestellt wurde. Der Vorteil dieser Hybriden: Die erste Generation aus Hybridsaatgut ergibt sehr ertragreiche und einheitliche Pflanzen, die meist große Schädlings- und Krankheitsresistenzen aufweisen. Der Nachteil: Diese Pflanzen lassen sich so nicht weitervermehren, da bei einer Aussaat aus Hybridpflanzen gewonnenem Saatgut völlig unterschiedliche Pflanzen herauskommen. Das Saatgut muss also jedes Jahr neu gekauft werden.
Dazu kommt die Entwicklung auf dem Saatgutmarkt: Viele Saatgutproduzenten wurden in den vergangenen Jahren von internationalen Agro-Chemiefirmen aufgekauft, der jeweilige Firmenname aber bleibt bestehen. Für den Kunden ist es so kaum mehr nachvollziehbar, welche Firma hinter dem Saatgut steht. So teilen inzwischen die zehn größten Konzerne über 70 Prozent des weltweiten Saatgutmarktes unter sich auf − Tendenz steigend. Die Folge dieser Entwicklung: Viele regionale, weitervermehrbare Sorten verschwinden zugunsten weniger Einheitssorten, bei denen man zum Nachkaufen (und letztendlich auch zum Konsum) gezwungen ist.
Diese Entwicklung sehen nicht nur viele Gärtner und Landwirte kritisch. Immer mehr Gastronomen und Hobbyköche interessieren sich für herkömmliche und lokale Sorten. Diese sind vielleicht nicht so ertragreich und massentauglich wie Hybridsorten, dafür mit eigenem Geschmack, an lokales Klima gewöhnt, anpassungsfähiger bei Veränderungen und selbst weiter zu vermehren. Als Beispiel sei hier die Alblinse genannt. Über lange Zeit auf der schwäbischen Alb angebaut, verschwanden die alten Sorten vollständig aus dem Handel. Erst in einer St. Petersburger Genbank wurden noch lokale Sorten entdeckt und wieder weitervermehrt. Heute wird die Alblinse wieder auf der schwäbischen Alb angebaut und hat einen festen Platz als lokale Delikatesse.
Was kann der Hobbygärtner tun? nach oben
Möchten Sie wissen wer der Züchter einer bestimmten Sorte ist, können Sie im Internet über die europäische Datenbank "Plant Variety Database" Auskunft bekommen.
Möchten Sie Pflanzensorten kaufen, deren Saatgut Sie selbst weitervermehren können, sollten Sie beim Saatgutkauf zu samenfesten Sorten greifen. Händler, Züchter und Initiativen finden Sie im Internet, wenn Sie gezielt nach "samenfestes Saatgut" oder "biologisches Saatgut" suchen.
Eigenes Gemüse aus samenfesten Sorten anbauen, vermehren und weiterverbreiten. Tauschen Sie sich mit anderen Garteninteressierten aus und leisten Sie damit einen Beitrag zum Erhalt der Arten- und Geschmacksvielfalt!