Gartenschätze: Artenvielfalt im Garten
Einleitung
Januar 2022 Ein schöner Pflanzenmix aus Blüten- und Blattschmuck wirkt ansprechend. Aber so richtig lebendig ist der Garten erst, wenn Tiere und Insekten darin heimisch sind und ihn mit Summen und Gezwitscher erfüllen!
Tiere sollen bei Ihnen nicht nur Gäste sein, die sich „wie zuhause fühlen“, sondern den Garten auch dauerhaft als „ihr“ Zuhause verstehen? Dann ist es wichtig, dass sie Brut- und Nistplätze finden, ebenso Rückzugsorte für den Winter und Nährpflanzen, die ihnen beispielsweise Früchte, Nektar und Pollen bieten. Wachsen Blumen und zeigen sich viele Blüten, so werden sich auch Insekten einstellen, die wiederum von vielen Vögeln für die Aufzucht der Jungen gesucht werden. Grundvoraussetzung für einen tierfreundlichen Garten ist der Verzicht auf Pestizide. Unter diesem Begriff fasst man Pflanzenschutzmittel zusammen, die gegen Insekten (Insektizide), Milben (Acarizide), Pilze (Fungizide) und Wildkräuter (Herbizide) eingesetzt werden. Heißen Sie grundsätzlich alle Tiere willkommen, nicht nur die sogenannten Nützlinge, denn die Natur ist ein komplexes ökologisches System, in dem jedes Mitglied seinen Platz hat!
Über den Gartenrand hinaus nach oben
Abschwören sollten Sie darüber hinaus chemisch-synthetischen Mineraldüngern, denn diese „füttern“ lediglich Pflanzen und Bodenlebewesen „verhungern“ gleichzeitig, weil sie nichts zum Verdauen bekommen. Ihre Aufgabe besteht schließlich darin, Abfall- und Reststoffe aus Flora und Fauna zu verwerten und daraus neuen Humus zu schaffen, der wiederum in den Nährstoffkreislauf eingeschleust wird. Als Folge des Kunstdüngereinsatzes verliert der Boden seine Struktur, verdichtet sich und ist dann weniger gut in der Lage, Nährstoffe und Wasser zu speichern.
Wer allgemein die Natur über die eigene Fläche hinaus schützen will, sollte unbedingt torffrei gärtnern, weil für dessen Herstellung immer noch ökologisch wertvolle, als Kohlendioxidspeicher für das Weltklima bedeutsame Moore vernichtet werden.
Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass ein tierfreundlicher Garten nicht an der Grundstücksbegrenzung endet, ist ja schließlich keine Insel der Seligen in seinem Umfeld. Sehen Sie Ihren Garten vielmehr als Trittstein in einem Verbund von tierfreundlichen Flächen, bei dem Zweibeiner, Vierbeiner und Insekten keine Grenzen kennen. Voraussetzung für eine ungehinderte Wanderbewegung sind offene Gärten, die nicht durch eine Mauer hermetisch abgeriegelt sind. Geeigneter sind Zäune oder Hecken, bei denen Igel und Co. so viel „Bodenfreiheit“ haben, um unter der unteren Kante hindurchzuschlüpfen.
Mit der Natur gärtnern nach oben
Bitte glauben Sie nicht, dass ein tier- und damit naturfreundlicher Garten mit mehr Arbeit und Mühe verbunden ist als ein anderer Garten! Das Gegenteil ist der Fall. Statt aufwändig den Rasen zu wässern und von vermeintlichen Unkräutern zu befreien, setzen Sie einfach auf einen Kräuterrasen oder eine Blumenwiese, die nur zweimal im Jahr gemäht werden müssen. Statt Rhododendron mühsam auf kalkhaltigem Substrat und womöglich in sonnig-heißer Lage hochzupäppeln, entscheiden Sie sich für heimische Gehölze, die verschiedensten Tierarten Unterschlupf bieten. Statt vermeintliche Schwachpunkte auf der Gartenfläche auszumerzen, betonen Sie lieber ihre Eigenschaften und schaffen so vielfältige Biotope, die eine ebenso artenreiche Fauna anlocken.
Lebensraum Wasser nach oben
Stehendes und fließendes Wasser ist seit Jahrhunderten ein wichtiges Element in der Gartengestaltung. Besonders beliebt bei Tieren jeglicher Couleur ist ein naturnaher Gartenteich. Er lockt nicht nur als Tränke und Badeplatz Vögel, Igel, Insekten und Kleinsäuger an. Auch Fische und Amphibien finden in ihm dauerhaft einen Lebensraum. In einem funktionierenden Gartenteich ist die Wasserqualität gleichbleibend gut, denn die eingebrachten Nährstoffe werden entweder von Tieren oder Pflanzen genutzt. Je nach Wassertiefe nehmen sie in den verschiedenen Zonen Nährstoffe auf und verhindern dadurch, dass Algen überhand nehmen. Das sind zum Beispiel Sumpfpflanzen wie Binsen oder Rohrkolben im Randbereich und Wasserpflanzen wie Hornblatt, Laichkraut oder Wasserhahnenfuß, die an der Oberfläche schwimmen. Unterstützend können Sie im Herbst mit einem Netz den Eintrag von Falllaub verhindern. Verzichten Sie auf allzu großes „Saubermachen“: Die Halme der Wasserpflanzen versorgen das Wasser mit Sauerstoff, wenn die Teichoberfläche gefroren ist. Für deren Rückschnitt ist im Frühjahr noch reichlich Zeit!
Optisch präsent am Gartenteich sind meist die in allen Farben schillernden Libellen, wie die türkisfarbene Azur-Jungfer. Als flinke Flitzer sind Wasserläufer auf dem Wasser unterwegs und machen sich als Insektenjäger verdient. Viele Härchen auf ihren Fußgliedern verhindern, dass sie ins Wasser einsinken. Im schlammigen Untergrund leben Schlammschnecken von Algen und abgestorbenen Pflanzenteilen, Frösche und Kröten lieben die Schwimmblätter von Teichrosen und Co., auf denen sie sich sitzend sonnen können! Alle Amphibien, auch Kröten und Molche, sind für die Fortpflanzung auf Teichflächen angewiesen, denn dort legen sie ihre Eier oft in großen Laichballen ab. Auch die daraus schlüpfenden Kaulquappen leben im Wasser, ehe sich ihre Kiemen in Lungen umwandeln. Ab dann leben sie an Land.
Lebensraum Totholz nach oben
Reisig- und Laubhaufen, alte Aststücke und Stubben: Was man zusammenfassend als abgestorbene Pflanzenteile bezeichnen kann, ist der lebendigste Lebensraum im Garten überhaupt. Hier sind die Landformen der Amphibien ebenso unterwegs wie Insekten und ihre Larven oder kleine Säugetiere wie Igel oder Spitzmaus. Gern stöbern Amsel, Heckenbraunelle und Zaunkönig in solchen Haufen nach Spinnen und Kerbtieren. Im Winter sind Totholzhaufen als Überwinterungsquartier unentbehrlich, denn vor allem das Laub isoliert und hält die Winterkälte draußen. Je nachdem, ob der Totholzhaufen eher im Schatten oder in der Sonne liegt, siedeln sich eher Sonnenfreunde wie Eidechsen oder schattenliebende Kröten an. Gut kommt auch ein mit Laub ausgestopfter „Keller“ unter dem Reisighaufen an. Der darf gern bis zu 50 Zentimeter tief sein, sollte aber mit einer Rampe versehen werden, damit der Unterschlupf nicht zur lebensbedrohlichen Falle wird.
Wollen Sie gezielt einen Unterschlupf anlegen? Da eignet sich etwa eine sogenannte Benjeshecke, die auch als natürlicher Sichtschutz ihren Charme entfalten kann. Sie ist ganz einfach zu bauen: Stecken Sie dicke Pfosten mit etwas Abstand zweireihig in den Boden und packen Schnittgut, das beim Hecken- oder Gehölzschnitt anfällt, in die Zwischenlage. Dann heißt es einfach abwarten. Im Lauf der Zeit verrottet das Schnittgut, so bildet sich Humus. Langsam fliegen Pflanzensamen an oder werden durch Vögel eingebracht und nach und nach verwandelt sich die Hecke in eine blühende Barriere.
Was kriecht und fliegt denn da? nach oben
Wer mehr über heimische Insekten wissen will, kann sie mit dem NABU-Insektentrainer kennenlernen. Auf der Homepage www.insektentrainer.de oder der neuen Web-App (zu erreichen unter dem Link www.NABU.de/insektensommer/app) finden Sie 457 ausführliche, bebilderte Insektenporträts und jede Menge Informationen über diese faszinierenden Tiere. Und wer fleißig beobachtet und beim Quiz geübt hat, macht mit bei der jährlichen Aktion „NABU-Insektensommer“. Im Zeitraum vom 3. bis 12. Juni und vom 5. bis 14. August 2022 zählt und meldet man alles, was in der eigenen Umgebung so summt und brummt.
Weitere Informationen unter www.nabu.de oder unter www.insektensommer.de!
Rückzugsort Trockenmauer nach oben
Vor allem in sonnigen Gartenbereichen bietet sich eine Trockenmauer an. Sie wird ganz einfach aus Natursteinen oder auch aus alten Ziegeln oder Backsteinen aufgeschichtet. Auf Mörtel wird verzichtet, denn in den Hohlräumen finden Eidechsen, Blindschleichen, die Ringelnattern, aber auch Insekten wie Hummeln oder Wildbienen, den Lebensraum, der in der Umgebung oft verloren gegangen ist, weil jede Fuge sofort verfüllt wird. Gerne stochern Vögel mit ihren Schnäbeln nach Käfern, Spinnen, Springschwänzen und Asseln in den Ritzen, der winzige Zaunkönig zwängt sich sogar ganz in den einen oder anderen Hohlraum.
Schichten Sie die Trockenmauer nicht höher als 120 Zentimeter auf, sonst besteht Einsturzgefahr. Um das Ganze zum Blühen zu bringen, können Sie einige größere Fugen mit magerem Substrat befüllen und mit Pflanzen bestücken, die ansonsten im Hochgebirge oder auf alpinen Matten heimisch sind. Steintäschel, Hungerblümchen, Mauerpfeffer, Polsterglockenblume, viele unterschiedliche Hauswurze, aber auch zahlreiche kleinwüchsige Kräuter bieten sich dafür an. Ebenso fühlen sich Vertreter der mediterranen Flora ausgesprochen wohl, denn die Trockenmauer heizt sich tagsüber auf und gibt die Wärme nachts ab. Davon profitiert auch die zugewanderte Tierwelt!
Das Büffet ist eröffnet! nach oben
Was tun, wenn viele Gäste erwartet werden, man deren kulinarische Vorlieben aber nicht kennt? Man bietet ein breit gefächertes Angebot, das möglichst jeden Wunsch befriedigt.
Im tierfreundlichen Garten sind das viele Pflanzen: Einjährige, Zwiebelpflanzen, Stauden und Gehölze, die mit Pollen und Nektar, aber auch mit herbstlichen Früchten den Hunger der tierischen Gartenbewohner stillen können. Auf der sicheren Seite sind Sie mit einheimischen Pflanzen, fragen Sie im Gartenfachhandel am besten nach sogenannten Nährgehölzen. Oder verabschieden Sie sich von einem Teil des Rasens und ersetzen Sie ihn durch eine Wildblumenwiese oder eine Kräuterecke – in kürzester Zeit wird so ein Fleck von Insekten umschwärmt sein. Nachhaltig ist für Insekten ein Garten, in dem zu fast jeder Jahreszeit etwas blüht: Der Frühling beginnt für sie mit Geophyten wie Schneeglöckchen und Traubenhyazinthen, das Blütenjahr geht weiter mit frühlings- und sommerblühenden Gehölzen, mit Frühsommer- und Präriestauden und endet schließlich mit Herbstblühern, wie Fetthenne oder Efeu.
Gerade die verwelkten Sommer- und Herbststauden haben nach der Blüte einen hohen ökologischen Wert, denn in Halmen und Stängeln überwintern Insekten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Schneiden Sie diese erst im Frühjahr ab, so hat die nächste Population noch Zeit, das Winterquartier wohlbehalten zu verlassen. Speziell für Florfliegen, Marienkäfer und Wildbienen stellen auch Insektenhotels willkommene Brut- und Überwinterungsräume dar. Wichtig ist, dass sie das ganze Jahr über draußen an einem geschützten Platz aufgehängt bleiben und die Einfluglöcher vor Regen und Nässe geschützt sind.
In einem tierfreundlichen Garten sollen natürlich auch die menschlichen Wünsche nicht zu kurz kommen. Wer beispielsweise üppig gefüllte Rosen liebt, soll sie sich auch gönnen. Man kann ihnen ja passende Rosenkavaliere, wie Katzenminze oder Rittersporn zur Seite stellen, die dann von den Insekten umschwärmt werden.