Gartenberatung: Vom Wert des Gartens
Einleitung
Januar 2023 VWE-Gartenberater Sven Görlitz aus Baden-Württemberg beobachtet seit 20 Jahren die Entwicklung der Hausgärten in den Wohngebieten. Vieles hat seiner Meinung nach in den letzten Jahren keine gute Entwicklung genommen: Bäume verschwinden, Beton- und Schotterflächen ersetzen Vorgärten, Hecken weichen Sichtschutzzäunen. Doch es geht auch anders! Viele Gründe sprechen für naturnahe, artenreiche Gärten: Ein Appell zur Wiederbelebung des häuslichen Grüns.
Es wird enger in unseren Wohngebieten, das Einfamilienhaus hat heute einen schweren Stand und große Hausgärten wecken Begehrlichkeiten als Bauland. Doch wir brauchen diese Gärten und wir brauchen vor allem Gärten, die es wert sind erhalten zu bleiben. Gerade die oftmals noch sehr großen Siedlungsgrundstücke können einen bedeutenden Mehrwert für die gesamte Kommune bieten. Aber nur, wenn sie grün, artenreich, naturnah und vielfältig sind. Man braucht gute Argumente, warum an dieser Stelle in Zukunft kein Wohnblock gebaut werden soll. In Zeiten von Klimaerwärmung und Artensterben haben Gärten ein großes Potential.
Leider fällt mir jedoch auf, dass die Entwicklung der letzten Jahre in vielen Gärten genau in die andere Richtung geht:
Vertrockneter Rasen, wo früher der Gemüsegarten war. Der alte Apfelbaum ist weg, an dessen Stelle steht jetzt ein Pool. Der blühende Vorgarten musste einem gepflasterten Wohnmobilstellplatz weichen und statt der Ligusterhecke spannt sich jetzt ein grauer Plastik- Metallzaun, der den Charme eines Industriegebietes versprüht – leider keine Einzelfälle.
Gute Gründe für grüne Gärten nach oben
Grüne Gärten kühlen. Durch ihre Verdunstung kühlen Hecken, Sträucher, Kletterpflanzen und Bäume die Umgebungstemperatur ab. Sie sind die natürliche Klimaanlage an heißen Sommertagen. Außerdem dienen sie als Feinstaubfilter, schlucken Lärm und bremsen den Wind. Zusammenhängende Gärten oder Gartengrundstücke stellen Frischluftschneisen dar. Diese sind wichtig, das sie andere Siedlungsgebiete mit kühler Luft versorgen. Für eine lebenswerte Zukunft im Klimawandel brauchen wir wesentlich mehr Grün in unseren Siedlungsgebieten, nicht weniger.
Artenreiche Gärten bieten Nahrung und Lebensraum für Wildtiere wie Insekten, Vögel, Amphibien und Kleinsäuger. Sie sind ein wichtiger Ausgleich für bebaute oder mit Monokulturen bepflanzte Flächen. Naturnahe Gärten tragen zum Erhalt der bedrohten Artenvielfalt bei und sind „Trittsteine“ in der Biotopvernetzung.
Der Gartenboden reinigt, versickert, speichert anfallendes Regenwasser. Er ist der Lebensraum für Pflanzen und Bodenbewohner, dient als CO2-Speicher und kühlt durch Verdunstung die Umgebung. Fruchtbarer Oberboden darf auch in Siedlungsgebieten nicht achtlos entfernt oder bebaut werden.
Gärten ernähren uns mit frischem Obst und Gemüse. Was in den vergangenen Jahren oft als altbackenes Hobby belächelt wurde, gewinnt in Zeiten von rasant steigenden Lebensmittelpreisen wieder an Bedeutung. Mit einem Kompost als Kreislaufwirtschaft auf kleinem Raum lässt sich regional, energiesparend, pestizidfrei und klimafreundlich eigenes Obst und Gemüse anbauen.
Gärten fördern die Gesundheit. Sie sind ein wichtiger Wohn-, Lebens- und Wirkungsraum für Menschen und eine grüne Umgebung fördert nachweislich unsere psychische und physische Gesundheit. Die Belastung mit Problemen, an denen wir direkt nichts ändern können, nimmt zu – im Garten kann man aktiv werden, etwas verändern, sich „erden“ und somit abschalten.
Gewusst wie nach oben
Doch: Nur naturnah gestaltete und bewirtschaftete, artenreiche und vielfältige Gärten, egal welcher Größe, bieten solch einen Mehrwert. Mit ihnen kann man auch in Zukunft argumentieren, wenn es um städtebauliche Veränderungen geht. Es gibt wenig Gründe, warum „Wüsten“ aus Schotter, Beton und Plastik nicht bebaut werden sollten. Aber viele, die gegen die Bebauung ökologischer und vielfältiger Gärten sprechen.
Damit liegt auch viel Verantwortung gegenüber der Natur und der Gesellschaft bei allen, die ein Stück Land ihr Eigen nennen. Hausgärten sind viel zu wertvoll, um sie lediglich als Abstellplatz zu nutzen oder brachliegen zu lassen. Sie sollten belebt, bepflanzt, bespielt und beackert werden, nur so werden sie ihrer wichtigen Bedeutung gerecht – für alle (Garten-)Bewohner und für die Allgemeinheit.
Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Verbandsposition Leitlinie „Naturnah Gärtnern“ auf www.verband-wohneigentum.de.
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